Israelwochenende 2024

 

Die Landeskirchliche Gemeinschaft Treuchtlingen hatte sich für ihr Israel-Wochenende jüngst ein anspruchsvolles Thema gewählt: Christen und ihr Verhältnis zum Judentum und zum Staat Israel.

 

 

Als Referenten dafür konnten wir Tobias Krämer gewinnen, einen ehemaligen Pastor in Stuttgart, der jetzt als Referent beim Verein „Christen an der Seite Israels in Herrenberg" aktiv ist. Am Nachmittag stand bereits die Frage im Mittelpunkt, wie die christliche Kirche den Kontakt zu ihren Wurzeln, dem Judentum, verloren hat.


 

Schon sehr früh in der Kirchengeschichte entstand die sogenannte „Ersatztheologie“. Die junge christliche Gemeinde verlor den Bund, den Gott mit dem Volk Israel über Abraham, Mose und die Verheißungen der Propheten geschlossen hatte aus dem Blick. War die Gemeinde Jesu das „wahre Israel“? Schon Paulus argumentiert im Römerbrief dagegen. „Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne!“ (Röm11,1)

 

Und doch verunglimpften schon im 2. Jahrhundert die Kirchenväter die Juden und christlicher Antisemitismus gewann Raum. Das hatte schlimme Folgen und zog sich durch die Jahrhunderte hindurch. Wenn man Aussagen von Martin Luther über die Juden liest, erschrickt man über seine Anleitung zum Umgang mit ihnen – die die Nazis dann Wirklichkeit werden ließen. Und große Teile der Kirche waren verblendet. Wir Christen hätten den Juden ihren Messias lieb machen sollen und ihnen Gottes Liebe spiegeln. Das krasse Gegenteil war der Fall. Umso mehr gilt es heute als „Christen an der Seite Israels“ zu stehen.

 

In der Abendveranstaltung lautete das Thema „Judenfeindschaft, ein trauriger Dauerbrenner".

Dabei ging es im gut gefüllten Gemeindesaal um Antisemitismus und wie dieser sich entwickelt und zu einem Anti-Israelismus gewandelt hat. Krämer nahm die Besucher mit auf eine anspruchsvolle Reise in die Vergangenheit, die Zeit der frühen Christenheit. In ein dunkles Kapitel des Christentums", wie Krämer betonte. Er ging sowohl auf den Antisemitismus durch das Christentum als auch durch den Islam ein. Und der Antisemitismus bei den Christen begann schon sehr früh zu wirken. Als Belege dafür führte er Aussagen der Kirchenväter Hieronymus, Augustinus und auch Martin Luther auf. Über die Kreuzzüge (1095 bis 1270) spannte er den Bogen über den Holocaust mit sechs Millionen getöteten Juden (darunter 1,5 Millionen Kinder) bis in die heutige Zeit. Dass während der Naziherrschaft viele Geistliche mit dem Regime paktierten, gehört ebenso zur unrühmlichen Vergangenheit wie die Rolle des Großmuftis von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, der als SS-Mitglied den islamischen Antisemitismus maßgeblich beeinflusst hat.

 

Breiten Raum nahmen die politischen Strömungen bei der Errichtung des Staates Israel ein und deren Auswirkungen bis heute, bis zum für Israel traumatischen Terrorangriff der Hamas im Herbst 2023. Der Antisemitismus habe sich weltweit ausgebreitet, und gerade aktuell zeige er sich in Form eines ausgeprägten Anti-Israelismus. „Ich halte das für ein Menschheitsphänomen", so die ernüchternde Aussage von Krämer gegen Ende seiner Ausführungen.

Was können Christen dagegen tun? Man kann Antisemitismus nicht bekämpfen'. Man kann sich aber einen inneren Zugang zu Israel und zum Judentum erarbeiten. Und dann für Gerechtigkeit und Wahrheit einstehen", sagte Krämer. So könne man der Judenfeindschaft die Spitze nehmen.

 

Diesen Hinweis griff LKG-Vorsitzender Thomas Kummer auf, als er zu einer lebhaften Fragerunde einlud. Die Veranstaltungsreihe ging am Sonntag mit einem Gottesdienst zu Ende. Krämer stellte darin seine Pre- digt unter das Thema „Gottes Treue zu Israel".

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